11.06.2012

vom Einsiedlerkrebs

In Hamburg ist, glaube ich, alles möglich, wir gehen spazieren, an der Alster, es ist warm, du und ich und es ist ganz natürlich und doch, dazwischen ist so viel, unnötige Zeit, vergangen und so viel, was nicht gesagt ist und ungesagt bleibt, für immer vielleicht, und wir schauen uns an und wir lachen, in uns hinein und über das alles und überhaupt, es ist doch schön, und wir erzählen und ist denn schon wieder ein neuer Sommer, ich frage, du fragst, wir versuchen, Antworten finden, Vertrauen schaffen, Wunden versorgen, nimmst du meine Hand, lieber nicht, heute, lieber noch warten und die Segler ziehen geruhsam an uns vorbei, Möwen kreischen, ach Hamburg.

Ich habe Mühe, die Flasche lässt sich kaum öffnen und dann doch, zwei Gläser, sie beschlagen, von der Kälte, zwei Gläser, zwei Menschen, benebelt, mit Wein ist es leichter, vieles, alles und irgendwie, er fühlt sich gut an, der Wein, im Mund so fruchtig und kühl, wir beide, und noch einen Schluck weiter, langsam weicht die Anspannung, der Wein, er ist Schuld, ich bin ihm dankbar, er reißt die Mauer ein, langsam wird es warm im Bauch, ich schaue dich an und ich nippe an meinem Glas.

Der Einsiedlerkrebs, er lebt allein, zieht von Schneckenhaus zu Schneckenhaus, ohne Zuhause zu sein, ist scheu und ohne Heimat, ach so verletzlich, ein schutzloser Körper der Einsiedlerkrebs, rastlos in den Tiefen des dunklen Meeres, selten, man sieht ihn kaum, er ist so verletzlich und einsam, er dreht sich um sich selbst und ist sich doch so fremd. 

Behutsam streife ich mir das Hemd von der Schulter, ziehe es aus, falte es zusammen, lege es in das alte Regal, die Worte, die ich wähle, ich tue es mit Bedacht, so oft ich kann, denke ich nach, bevor ich handele, aber was hilft denn Verstand, wenn er bremst, wir leben doch, nur einmal, so ist es, das ist Fakt, denke ich und doch, nicht mal mehr ein Kleiderschrank, stelle ich fest, Fernseher kaputt, die letzten Wochen, die Zeit zieht vorbei, nein, sie rast, ich will sie bewusster mitbekommen, Gewahr werden, erleben und spüren, doch unaufhaltsam, sie geht vorbei, diese Zeit, hier in Hamburg, kein Weg zurück, Entscheidungen wurden getroffen, ach Verstand. Ach Herz.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

schön

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