24.05.2012

Performanzen Pomeranzen

Es gibt schon lange die Idee, dass wir alle Theater spielen. Jeder Mensch spielt eine Rolle und gibt vor, etwas für jemanden zu sein. Damit, ganz grob gesagt, beschäftige ich mich in meiner Bachelorarbeit. Genauer geht es um den Akt der Inszenierung und Performanz in einem italienischen Supermarkt. Das ist - gottseidank - ziemlich interessant. Und während ich das Foto von dem jungen Burschen so angucke (er möge es mir verzeihen, dass ich es ungefragt hochgeladen habe), glaube ich, dass alle Jungs gern Cowboys wären. Moderne Cowboys zwar ohne Pferd und Prärie, aber eine gewisse Affinität zu Freiheit, Einsamkeit und sehnsüchtige Blicke in die Ferne lassen sich kaum bestreiten. Und wenn dann noch irgendwo ein Lagerfeuer entzündet wird. Andersrum würde wohl jedes Mädchen heimlich gern eine Prinzessin sein. Zwar eine moderne Prinzessin ohne Pink, Schloss, Frosch und den ganzen Scheiß. Doch möchte sie wohl auf Händen getragen und umsorgt werden. Nun frage ich mich, ob da nicht eine himmelschreiende Diskrepanz zwischen diesen Beobachtungen liegt: Widerspricht sich demnach nicht der zweite Wunsch von Cowboy und Prinzessin, gemeinsam alt und glücklich zu werden? Können so frappierend unterschiedliche Wertvorstellungen überhaupt zusammen gebracht werden oder rennen Cowboy und Prinzessin einem Ideal nach, welches in der Form nicht mehr existiert? Oder ist es gar so, dass die Ideale als solche, nämlich Cowboys und Prinzessinnen zu sein, längst überholt sind und wir letztlich doch nicht mehr und nicht weniger als kleine monogame Tierchen auf der Suche nach unserer besseren Hälfte - Scheiß auf Cowboy und Prinzessin - sind? 

Tja, das sind so Gedanken, die ich mir mache, während ich einen Text über den Performanzbegriff von Victor Turner durcharbeite. Darüber denke ich schon eine Weile nach, etwas tiefer, seit ich mich länger mit diesem Autor unterhalten habe (habe ihn als Gast betreut). Der hat nämlich zu mir gesagt, dass dieses ganze Freheitsgerede der so genannten Cowboys auch nur ein oktroyiertes Bildnis ist, dem die meisten Männer versuchen, gerecht zu werden und dabei ihr (unmännliches) Bedürfnis nach Geborgenheit und Liebe beiseite schieben und so Gefahr laufen, stets unglücklich auf der Suche nach sich selbst durch die Welt zu irren. Nichts für ungut, die Sonne scheint, aber ich mache mir halt so meine Gedanken. Ob unsere ganze Gesellschaftsordnung sich nicht ziemlich verquer entwickelt. Egal, vielleicht wollte ich ja auch nur von meinen blauen Haaren ablenken. Der Fotograf dieser Fotos ist übrigens mein Opa. Und wenn es demnächst regnen sollte, zeige ich hier ein paar Werke dieses tollen Autodidakten. Im Besitz der Kamera bin nun übrigens ich. Sie ist mehr als 40 Jahre alt und ich liebe sie sehr.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich möcht eine Prinzessin sein. -mfg, der cowboy

Lisa hat gesagt…

Oh, da liegt zusätzlich natürlich ganz klar ein Genderkonflikt vor!

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