10.08.2011

Veedon Fleece (Van Morrison)

Ich gebe es hier offen und ehrlich zu, denn, obwohl viele Leute anders denken, braucht man sich für seine Meinung nicht schämen, also ich bin ein großer Bahnfan und das mag familiär bedingt sein, das ist wie mit Parteien wählen, von der Meinung seiner Eltern muss man erstmal wegkommen, der Geist muss reifen, aber vorgefärbt ist er schon, na jedenfalls fahre ich gerne Bahn, schon als Kind und damals konnte ich auf Reisen ja auch nie schlafen, sondern musste stets die an mir vorbei ziehende Welt hinter der Scheibe beobachten, auch wenn sie mit 200 Stundenkilometern zu einem bunten Farbenmeer verschwamm, REM, Rapid Eye Movement ohne Schlaf, klingt komisch, funktioniert aber, auch nachts, vielleicht aus Angst, etwas zu verpassen, diese Angst, man kann es positiv auch als Neugierde bezeichnen, ist womöglich Grund für meine immense innere Unruhe, die ich nach außen und innen trage, schon mein ganzes Leben lang, ist allerdings auch zugleich sehr förderlich, wenn man so einen Neugier affinen Berufswunsch hegt wie ich, ja richtig, nachfragen, verarbeiten und erzählen und dafür auch noch Geld bekommen, ist doch fantastisch, und, um mal auf das nie schlafen auf Reisen zurück zu kommen, ich schaue also immer aus dem Fenster, weil man da wunderbar zuhören kann, der Musik, die man hört und weil man da wunderbar nachdenken kann, über Gedanken, die einen so ereilen, auf Reisen, denn Reisen ist Sehnsucht, und Sehnsüchte habe ich viele, man soll sich das ja bewahren, das passiert unweigerlich, die sich verändernde, vorbei rauschende, farbenverschwommene Landschaft zwingt ja gerade dazu, die Fahrt heute in den frühen Morgenstunden zum Beispiel, schon hunderte Male bin ich auf diesen Gleisen Richtung Hamburg gefahren und trotzdem schaue ich immer noch gerne aus dem Fenster knappe 2 Stunden, versuche jeden Baum mit einem Augenschlag zu würdigen, dann plötzlich die ersten Kräne, die Elbe, die Hafen City, Hauptbahnhof, und angekommen, nein, angekommen nicht, noch nicht, selbst im Flugzeug ist es gleich, ich schaue immer raus, obwohl man denken könnte, die Wolken sehen alle gleich aus, sehen sie aber nicht, kann man dieser Tage bestens draußen beobachten, sie sind wunderschön und ich erkenne auch allerhand in diesen kilometerhohen Gebilden aus, was war es doch gleich, Wasserstoff, Dinosaurier, Herzen, Popeye, allerhand eben, ich freue mich schon in ein paar Wochen mit dem Zug nach Wien zu fahren, 9 Stunden nach draußen gucken, vielleicht erst Regen, dann Sonne, dann wieder Regen, Rapsfelder, dann Weizen, dann Berge, dann Almen, kann viel passieren auf so, na was mögen es sein, 800 Kilometer Richtung Süden, und so tippe ich weiter ohne Punkt und Atempause, wie ein ICE, der rastlos über die Schienen rauscht, tippe weiter und werde doch müde, ich habe gar nichts zu erzählen, merke ich, höre mal lieber an dieser Stelle auf, na Mensch, doch schon Dammtor, angekommen.



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Stimmt. Schon 1 MIO Km Bahn gehfahren. Und gucke immer noch gern nach draußen (am besten in Fahrtrichtung). Andere scheinen das nicht zu mögen. Beugen sich die ganze Fahrt lieber über ihr Latop. Aber die Krönung ist es, während der Fahrt ein schönes Frühstück zu genießen.

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