05.08.2011

Teuflischer Kreis des Axolotls

Hallo, mein Name ist Simon. Wenn ich groß bin, möchte ich Pilot werden, weil mein Vater mir einen großen Globus geschenkt hat als ich 11 wurde. Der Globus war groß, so groß wie die Welt und anstatt ihn auf einen Tisch zu stellen und ihn zu drehen, bauten wir ihn um und seitdem hing er als Zimmerlampe oben an meiner Decke. Meine Zimmerwände waren blau, so blau wie das Universum, und sobald es dunkel wurde, legte ich mich ins Bett, knipste meinen Globus an und starrte auf die Welt und das dunkelblaue Weltall. Die Globuslampe konnte sich nicht drehen, sie war nicht perfekt, aber das machte nichts, weil ich wusste, dass China auf der anderen Seite der USA lag. Mehr wusste ich nicht und perfekt bin ich auch nicht, also war das so in Ordnung. Das Weltall war mindestens so groß wie mein blaues Zimmer und manchmal drohte mein Kopf bei dem Gedanken zu zerplatzen. Ich möchte Pilot werden und die Welt umfliegen. Ich möchte Menschen an ferne Orte fliegen und selbst an diese Orte reisen. Weil ich nett bin. Ein Gutmensch. Ich möchte nicht nur in andere Teile der Erde reisen, sondern auch fremde Menschen sicher dorthin bringen. Das ist ein feiner Zug von mir, deswegen glaube ich, dass ich zur Kategorie Gutmensch gehöre. Ich möchte, wenn ich groß bin, eine Familie haben. Eine hübsche, schlanke Frau, mit langen blonden Haaren und obwohl sie uns zwei Kinder geboren hat, werden ihre Brüste immer noch fest und groß sein. 

Ich dachte immer, der Held meiner ersten Geschichte heißt Simon und so begann ich vor knapp vier Jahren zu schreiben. Bis mir jemand erzählte, dass der Protagonist von Tommy Jauds Vollidiot auch Simon heißt und dann wars vorbei mit meinen Träumen und Ideen und die Sache wieder auf Eis gelegt. Der erste Satz einer Geschichte ist immer entscheidend. Da sollte nicht stehen Hallo, ich heiße Basti oder hallo, ich heiße Philipp. Da sollte stehen: Hallo, ich heiße Simon. So und nur so konnte meine Geschichte beginnen. Ich fand das schön als Anfang. Nachts hatte ich die Geschichte geträumt und somit ein Bild von Simon im Kopf, der in Wahrheit  ganz anders heißt und gar kein Pilot ist. Mein Simon ist kein Vollidiot. Und dann kam Tommy Jaud. Oder eher: Erst kam Tommy Jauds Vollidiot und dann kam ich und seitdem dümpelt mein Simon mit seinen unausgereiften 15 Zeilen vor sich hin und ich bin immer noch beleidigt. Niemand wird jemals erfahren, wie die Geschichte mit und für Simon endet. Heute habe ich dieses Interview mit Tommy Jaud vom Sueddeutsche Magazin gesehen und da fand ich ihn doch ganz sympathisch und vor allem habe ich mich an diese viertel Seite word Dokument erinnert. Trotzdem hat er mir meinen Helden geklaut, der jetzt kein Held mehr sein darf.


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