23.06.2011

Spieltricks

Es war einmal ein Mädchen. Sie lebte an einem großen See und sie hatte zwei Leidenschaften. Kartenhäuser und Fischen. Eine Fischerin aus Leidenschaft. Kartenhäuser baute sie auch gerne. Viele Menschen, Freunde und Fremde, rieten ihr davon ab. Das Mädchen fand das zynisch. Was war verkehrt an Kartenhäusern? Waren sie doch so fragil. Man musste behutsam mit ihnen umgehen, es gehörte großes Geschick dazu, ein vernünftiges Kartenhaus zu bauen. Der Umgang mit Kartenhäusern galt als altbacken, als verstaubt, als nicht mehr zeitgemäß. Denn es kostete Zeit, Hingabe, man brauchte ein starkes Herz und man konnte enttäuscht werden. Das Mädchen war sehr fragil, das wussten die Fremden und Freunde. Wie die Kartenhäuser selbst. In all den Jahren, in denen das Mädchen schon Kartenhäuser baute, fielen sie immer wieder in sich zusammen. Doch sie ließ sich nicht beirren, bereute keines der kaputten Kartenhäuser. Immer und immer wieder, obwohl es jedes Mal sehr schmerzte, wenn wieder eines zerbrach.

Anfang des Jahres habe ich ein Kartenhaus gebaut. Es war ein sehr großes, schönes Kartenhaus und wenn ich es betrachtete, machte es mich stolz und glücklich. Ich habe schon Kartenhäuser gebaut, es war nicht mein erstes. Man könnte sagen, es ist meine Leidenschaft. Mein Kartenhaus war größer und schöner als die, die ich zuvor gebaut habe. Es gab mir ein Gefühl von Wärme und Sicherheit, wenn ich einen Schritt zurücktrat und es anschaute. Eines Tages passierte jedoch etwas Schlimmes. Ich war gerade dabei, weitere Karten an mein schönes Haus zu bauen. Es war schon spät, ich war müde, doch ich war im Laufe der Zeit geduldig geworden und so ließ ich mir und dem Kartenhaus viel Zeit. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Ob ich zu müde und unachtsam geworden bin. Das Kartenhaus ist in sich zusammen gefallen, wurde mit starker Faust brutal zerschlagen. Eine kleine zynische Elfe. Die ich nun war. Und geworden bin, von dem Einsturz konnte ich mich nicht erholen. Eine große Traurigkeit schlummert seitdem in mir, brodelt zähflüssig und kochend heiß wie Lava. Das tut weh, aber es gibt nichts, was dagegen hilft. Ertragen muss ich sie, wie eine kleine zynische Elfe sie eben erträgt.

Doch eines Nachts, als das Mädchen schlief und wieder einmal schlecht träumte, erinnerte sie sich an ihre zweite Leidenschaft. Halt dich an deiner Leidenschaft fest. Musik ist ab jetzt tabu, sie wollte nur noch hinaus. Hinaus ans Wasser. Ein vertrautes Gefühl stieg in ihr auf. Halt dich an deiner Leidenschaft fest. Fort, fort aufs Wasser. Mitten in der Nacht zog sie ihr kleines, blaues Boot hinaus aufs Wasser. Sie stieß sich ab und ließ sich treiben. Begab sich auf eine Reise tief hinein ins Selbst. Im Mondschein. Alleine. Überall waren Spiegel. Sie wurden ihr vorgehalten und es tat sehr weh als sie hinab ins tiefschwarze Wasser schaute. Verzweifelt versuchte sie ihr Spiegelbild festzuhalten, doch sobald sie das Wasser berührte, verschwand ihr Spiegelbild.  

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